Rechtliche Auseinandersetzung um Event-Verträge

31. März 2025

Der US-amerikanische Prognosemarkt-Betreiber Kalshi hat Klage gegen die Glücksspielbehörden der Bundesstaaten Nevada und New Jersey eingereicht. Grund der rechtlichen Auseinandersetzung sind behördliche Anordnungen, die Kalshi dazu zwangen, seine Sport-basierten Finanzkontrakte in beiden Bundesstaaten einzustellen. Die Klage stellt eine bedeutende juristische und regulatorische Weichenstellung für die aufkommende Industrie der Event-basierten Handelsplattformen dar, die zunehmend ins Visier verschiedenster Behörden gerät.

Kalshi verteidigt Event-Verträge als Finanzinstrumente statt Sportwetten

Im Mittelpunkt der Kontroverse steht die rechtliche Einordnung der Event-Verträge, insbesondere solcher, die sich auf Sportereignisse beziehen. Kalshi betont, dass es sich dabei nicht um klassische Wetten handle, sondern um regulierte Finanzinstrumente – sogenannte „Swap Contracts“, bei denen zwei Marktteilnehmer gegenteilige Positionen einnehmen.

„Prediction Markets sind eine der zentralen Innovationen des 21. Jahrhunderts“, erklärte Kalshi-Mitgründer Tarek Mansour. „Wie jede große Neuerung bedarf es Zeit, bis sie vollständig verstanden und entsprechend reguliert wird. Wir sind stolz darauf, diesen Markt mitgeprägt zu haben und werden unsere Plattform erneut vor Gericht verteidigen.“

Im Gegensatz zu traditionellen Sportwettenmodellen, bei denen ein Anbieter (in der Regel das „Haus“) die Quoten kontrolliert und Gewinne ausschüttet, stellen Kalshis Kontrakte eine offene Marktmechanik dar. Zwei Teilnehmer treffen auf einer Plattform aufeinander und schließen einen Vertrag ab, dessen Ergebnis auf einem vorher definierten Ereignis basiert – sei es beispielsweise der Gewinner des nächsten Super Bowls oder der MVP der NFL-Saison.

Rechtsstreit mit Nevada und New Jersey – Kernfrage der Zuständigkeit

Die zentralen Streitpunkte in den rechtlichen Verfahren gegen Kalshi sind die Zuständigkeiten zwischen Bund und Bundesstaat. Während Nevada und New Jersey ihre Kompetenz auf Grundlage der Glücksspielregulierung geltend machen, argumentiert Kalshi, dass die Aufsicht über solche Kontrakte in die alleinige Zuständigkeit der US-amerikanischen Commodity Futures Trading Commission (CFTC) fällt – jener Bundesbehörde, die für den Derivate- und Warenterminmarkt verantwortlich ist.

Diese Behauptung stützt sich auf eine Entscheidung eines US-Richters im September 2024, welcher Kalshi das Angebot von wahlbezogenen Event-Kontrakten zugestanden hatte. Das Gericht urteilte damals, dass solche Kontrakte nicht als Glücksspiel, sondern als Finanzprodukte zu behandeln seien. Diese Entscheidung stellt für Kalshi nun ein zentrales Präzedenzurteil dar, auf das man sich im aktuellen Verfahren beruft.

Regulatorische Unsicherheit als Wachstumshemmnis

Ein zusätzlicher Komplexitätspunkt liegt in der uneinheitlichen Herangehensweise der verschiedenen Regulierungsinstanzen. Während die CFTC auf Bundesebene auf einen zunehmend differenzierten Umgang mit Event-Verträgen setzt, dominieren auf Landesebene weiterhin konservativ geprägte Glücksspielgesetze. Diese Diskrepanz führt zu erheblichen Unsicherheiten für Anbieter wie Kalshi, aber auch für potentiell interessierte Investoren und Nutzer.

Ein bemerkenswerter Aspekt ist Kalshis Positionswandel im juristischen Detail: Während das Unternehmen im November 2024 gegenüber dem DC Circuit Court erklärte, man wolle sich von sportbezogenen Derivaten fernhalten, vertritt man im aktuellen Verfahren die gegenteilige Meinung – ein Schritt, der öffentlich und kritisch kommentiert wird. Kritiker sprechen von einer inkonsistenten Rechtsstrategie und stellen die Glaubwürdigkeit des Unternehmens in Frage.

Bundesaufsicht schreitet ein: CFTC prüft Super-Bowl-Verträge

Parallel zur laufenden Klage wurde bekannt, dass die CFTC eine erste Prüfung mehrerer Event-bezogener Finanzprodukte aufgenommen hat, darunter Super-Bowl-Kontrakte, die sowohl von Kalshi als auch vom Krypto-Dienstleister Crypto.com angeboten wurden. Besonders brisant: Die Prüfung wurde am 4. Februar 2025 eingeleitet – dem gleichen Tag, an dem Caroline Pham, kommissarische CFTC-Kommissarin, eine Änderung im regulatorischen Umgang bekannt gab. Statt einer „Regulierung durch Vollstreckung“ will man nun gezielter gegen Marktmanipulation und Betrug vorgehen und gleichzeitig neue regulatorische Strukturen für aufkommende Marktsegmente schaffen.

Die Untersuchungen bezüglich der Super-Bowl-Kontrakte blieben bislang ohne unmittelbare Sanktion. Auch das gilt als Hinweis darauf, dass die CFTC auf eine normative Regulierung durch Richtlinien und neue Reglements statt auf pauschale Verbote setzen möchte. Die endgültige Entscheidung über eine mögliche neue Gesetzgebung oder Sanktionierung wird frühestens Mitte April 2025 erwartet.

Innovationen im Finanzmarkt treffen auf misstrauische Institutionen

Der Fall Kalshi verdeutlicht exemplarisch die Herausforderungen, vor denen moderne Finanz- und Prognoseinstrumente derzeit stehen. In einer Zeit, in der technologische Innovation und rechtliche Rahmenbedingungen nicht im Gleichschritt verlaufen, sehen sich Unternehmen wie Kalshi gezwungen, neue rechtliche Wege zu beschreiten, um ihre Geschäftsmodelle abzusichern und zu legitimieren.

Gleichzeitig stellt die Entwicklung auch eine Bewährungsprobe für die amerikanische Finanzregulierung dar. Die Frage, ob moderne Event-Kontrakte Teil des traditionellen Derivatemarkts werden dürfen oder einer eigenständigen Regulierung bedürfen, beeinflusst maßgeblich die Zukunft ganzer Marktsegmente – insbesondere im Bereich der Kombination aus Blockchain-Technologie, dezentralen Handelsplattformen und Event-spezifischen Investments.

Ausblick: Neues Regelwerk oder Digitalisierungsstopp?

Die kommenden Monate könnten für Kalshi und vergleichbare Anbieter entscheidend werden. Sollte das Gericht den Argumenten des Unternehmens folgen, könnte dies einen weitreichenden Präzedenzfall für andere Bundesstaaten darstellen. Eine bundesweite Anerkennung solcher Event-Kontrakte als Finanzprodukte würde nicht nur Kalshi Rechtssicherheit verschaffen, sondern auch den Weg für neue Geschäftsmodelle in der digitalen Prognoseökonomie ebnen.

Andererseits könnte eine Bestätigung der Landesregulierungen durch die Gerichte einen herben Rückschlag bedeuten. In diesem Fall droht nicht nur ein Rückzug aus mehreren Bundesstaaten, sondern auch ein potenzieller Verlust des Vertrauens von Investoren, Nutzern und Partnerunternehmen.

Sicher ist: Der juristische Konflikt rund um Kalshi ist weit mehr als ein Fall unter vielen. Er steht exemplarisch für die wachsende Spannung zwischen regulatorischer Beharrung und technologischer Innovation. Wer letztlich das Spielfeld der digitalen Finanzmärkte gestalten wird – die Staaten oder die Behörden auf Bundesebene – bleibt offen.

31. März 2025

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