Die britischen Behörden haben seit dem vergangenen Jahr Kryptowährungen im Wert von etwa 7,7 Millionen US-Dollar (rund 6 Millionen Pfund) eingefroren, die aus mutmaßlich illegalen Aktivitäten stammen sollen. Dies geht aus aktuellen Recherchen hervor, die das wachsende Engagement Großbritanniens im Kampf gegen Finanzkriminalität im digitalen Raum beleuchten. Die eingefrorenen Mittel sind Teil eines umfassenderen Vorgehens gegen Geldwäsche, Steuerhinterziehung und organisierte Kriminalität unter Verwendung von Kryptowerten.
Hintergrund: Neue Befugnisse zur Durchsetzung seit April 2024
Im April 2024 trat in Großbritannien ein neues Gesetzespaket in Kraft, das den britischen Strafverfolgungsbehörden weitreichendere Befugnisse zur Beschlagnahmung von Kryptowährungen gewährt. Diese erweiterten Befugnisse ermöglichen es den Behörden, verdächtige Krypto-Wallets ohne abschließendes Gerichtsverfahren für bis zu drei Jahre einzufrieren. Ziel ist es, finanzielle Mittel von Kriminellen zeitnah zu blockieren, bevor diese veräußert oder transferiert werden können.
Das Gesetz richtet sich vor allem gegen organisierte Kriminalität, die Kryptowährungen als Mittel zur Geldwäsche verwendet. Polizei, Ministerien, das Ministerium für Inneres, das Vereinigte Königreichs-Steueramt (HMRC) sowie nationale Ermittlungsbehörden wie die National Crime Agency (NCA) arbeiten seither enger zusammen an der Verfolgung entsprechender Straftaten im digitalen Sektor.
Größte Einzelbeschlagnahmung: 1,94 Millionen US-Dollar eingefroren
Ein besonders aufsehenerregender Fall wurde im März 2025 bekannt. Damals reichte das HMRC eine Verfügung zur Einfrierung von Krypto-Assets vor dem Newcastle Upon Tyne Magistrates’ Court ein. Betroffen war ein Konto bei der bekannten Plattform Coinbase mit einem Gesamtwert von 1,5 Millionen Pfund, was umgerechnet etwa 1,94 Millionen US-Dollar entspricht. Dieser Fall war die bislang größte Einzelmaßnahme im Zusammenhang mit den neuen gesetzlichen Regelungen.
Nach Angaben von Nick Barnard, Partner der auf Strafrecht spezialisierten Kanzlei Corker Binning, seien die aktuellen Summen im Vergleich zum internationalen Maßstab zwar überschaubar, aber dennoch bedeutsam. „Wir stehen hier eigentlich noch am Anfang eines umfassenden Prozesses. Das System benötigt Zeit, um vollständig in Gang zu kommen“, so Barnard.
Rechtsrahmen und Ausblick: Mehr Ressourcen für Krypto-Kontrollen
Die britische Regierung hat in den letzten Monaten ihr Engagement in der Überwachung und Kontrolle von digitalen Vermögenswerten deutlich intensiviert. Laut Siobhain Egan, einer renommierten Strafverteidigerin und Direktorin der Kanzlei Lewis Nedas Law, zeigt sich das Land „aggressiv“ im Kampf gegen finanzielle Verbrechen mittels Kryptowährungen. Bereits in Kürze könnte es zu einer deutlichen Zunahme von Einfriermaßnahmen kommen, so Egan.
Sie erwartet eine regelrechte „Flut“ von Einfrierungsanordnungen, insbesondere dann, wenn größere Ermittlungen gegen Netzwerke organisiert krimineller Gruppen anlaufen. Ziel sei es, die Kryptowährungen bereits während der laufenden Untersuchung zu sichern, um ein Entziehen der Vermögenswerte zu verhindern.
Gesetzesvorschlag soll Krypto-Beschlagnahmungen weiter erleichtern
Als Reaktion auf die zunehmende Bedrohungslage plant die britische Regierung eine weitere Verschärfung der rechtlichen Rahmenbedingungen. Ein neuer Gesetzesvorschlag mit dem Titel „Crime and Policing Bill“ befindet sich bereits in Vorbereitung und soll den Strafverfolgungsbehörden künftig einen noch schnelleren Zugriff auf mutmaßlich illegale Krypto-Vermögenswerte ermöglichen.
Im Fokus stehen dabei neben der Vereinfachung gerichtlicher Verfahren auch präventive Maßnahmen, um neuen kriminellen Strukturen gar nicht erst die Möglichkeit zu umfassender Geldwäsche zu geben. Der Gesetzesentwurf signalisiert, dass das Vereinigte Königreich einen klaren politischen Willen zur Bekämpfung illegaler Aktivitäten im Krypto-Sektor verfolgt.
FCA verschärft Auflagen für Krypto-Dienstleister
Parallel zu den strafrechtlichen Maßnahmen hat auch die britische Finanzaufsicht, die Financial Conduct Authority (FCA), ihre Auflagen für Krypto-Unternehmen im Land verschärft. Bereits im Dezember 2024 hatte die FCA mit einer Marktanhörung neue Vorschläge unterbreitet, die eine transparentere und sicherere Krypto-Branche fördern sollen.
Dazu gehören strengere Anforderungen an Kundenidentifikation, Risikomanagement und Meldepflichten. Die Maßnahmen sind Teil eines breiten Strategiewechsels, mit dem Großbritannien den bislang weitgehend unregulierten Bereich des Handels mit digitalen Assets in geordnete Bahnen lenken will.
HMRC und NCA spielen zentrale Rollen
Laut Einschätzung von Strafrechtlerin Egan haben das HMRC sowie die NCA in den vergangenen Monaten spürbar an Fahrt aufgenommen. Besonders das Steueramt zeige großes Interesse daran, durch den Zugriff auf Krypto-Werte Steuerhinterziehung zu bekämpfen.
„Die Behörden mussten in den letzten Jahren zunächst technisches Wissen aufbauen, um mit den Entwicklungen der Branche Schritt zu halten“, so Egan. Heute verfüge man über erheblich mehr Expertise, was sich in der steigenden Anzahl durchgesetzter Einfriermaßnahmen zeige.
Kritik an Umsetzung und praktische Herausforderungen
Auch wenn die neuen gesetzlichen Maßnahmen als Fortschritt gewertet werden, gibt es Stimmen, die auf praktische Hürden hinweisen. Beispielsweise sei die Identifikation verdächtiger Wallets oft technisch anspruchsvoll, da viele Nutzer Pseudonyme und Verschlüsselungstechniken nutzen. Zudem stellen einige internationale Kryptobörsen keine Daten für britische Ermittlungsbehörden bereit, was Ermittlungen verlangsamt.
Ein weiteres Problem ist die teils schleppende Kommunikation zwischen verschiedenen Behörden und der Mangel an spezialisierten Fachkräften im öffentlichen Dienst. Um dauerhaft effektiv gegen illegale Krypto-Aktivitäten vorzugehen, wird es entscheidend sein, Personal- und Fachkompetenzen weiterhin auszubauen.
Fazit: Großbritannien setzt klare Signale gegen Krypto-Kriminalität
Mit der Einfrierung von Kryptowährungen in Höhe von rund 7,7 Millionen US-Dollar seit 2024 setzt Großbritannien ein deutliches Zeichen gegen die missbräuchliche Nutzung digitaler Vermögenswerte. Die Umsetzung der neuen Gesetzgebung sowie der geplante „Crime and Policing Bill“ zeigen, dass das Land den Kampf gegen Cyberkriminalität und Geldwäsche in der digitalen Welt ernst nimmt.
Auch wenn der Gesamtumfang eingefrorener Mittel im internationalen Vergleich noch überschaubar ist, markiert dies einen wichtigen Schritt in Richtung einer sichereren und regulierten Krypto-Wirtschaft. In den kommenden Monaten dürfte sich zeigen, ob das Vereinigte Königreich zum Vorbild für andere Staaten wird, die ähnliche Herausforderungen im Umgang mit Kryptowährungen bewältigen müssen.
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